Zwischen Kristin und Manuel war es keine Liebe auf den ersten Blick, auch wenn er beim allerersten Kennenlernen gleich in Boxershorts vor ihr stand. Die spärliche Kleidung war dem Anlass geschuldet: Den Rahmen bildete der Kolkwitzer Reizwäscheball zum Jahresbeginn 2007. Es blieb allerdings bei einem kurzen Gespräch. Kristin hatte das schon ganz vergessen, als es wenige Wochen später auf der Fastnacht zu einem Wiedersehen kam. Es war wohl der Hartnäckigkeit von Manuel zu verdanken, dass aus scheinbarer Distanz dann doch eine Liebesgeschichte wurde. Am Montag darauf trafen sie sich auf einen Kaffee, zwei Tage später zum Spaziergang samt erstem Kuss. Ab da zog er quasi nach und nach bei ihr ein, es waren ja nur 150 Meter die Straße runter. Wozu manches Paar dann einige Jahre benötigt, ging bei den beiden sehr schnell. Nach nur einem Jahr bauten sie ihrer künftigen Familie ein Nest – und zwei Jahre später folgte mit Emma der erste Nachwuchs. Theodor machte nach weiteren vier Jahren das Familienglück perfekt.
Für den Heiratsantrag ließ sich Manuel etwas ganz Besonderes einfallen. Ein Prinz hoch zu Pferd inmitten einer Schneelandschaft, der seiner Liebe den Weg über ein wenig Schuh und viel Herz in die Ehe ebnet – was für ein schönes Bild! Genau wie im Lieblingsmärchen der beiden – „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ – sollte es sein. Nur leider schneite es weder in einem, noch im anderen Jahr. Im Winter 2016, der so schneelos wie seine Vorgänger blieb, fasste er sich endlich ein Herz. Heilig Abend ging es samt Töchterchen wie so oft auf den Reiterhof einer Freundin, auf dem insgeheim alles vorbereitet war. Als Manuel plötzlich im Prinzenumhang samt Krone und Schuh seiner Liebsten hoch zu Pferd um die Ecke bog, hielt Kristin das zuerst für eine seiner verrückten Ideen, um die kleine Emma zu überraschen. Sogar Aschenbrödel-Musik schallte aus einer kleinen Box. Als er vom Pferd stieg, seinem Aschenbrödel den von Matsch überzogenen Gummistiefel vom rechten Fuß zog und mit einem passenden Pumps ersetzte, war Kristin sprachlos. Und natürlich sagte sie „ja!“.
Wer nun an eine Prinzessinnen-Hochzeit samt Lackschuhen im schicken Schloss denkt, der liegt allerdings voll daneben. Beide wünschten sich eine Vintage-Garten-Hochzeit, mit Trauung barfuß auf einer Obstwiese und Feiern in der freien Natur. Ein ausgelassenes Fest mit Freunden und Familie. Auf der Lausitzer Hochzeitsmesse entdeckten sie das Waldhotel Eiche als passenden Ort: inmitten der Natur mit rustikalem Saal, direkt am mystischen Erlenhochwald und einer großen Streuobstwiese gelegen.
Hier sollte die freie Trauung stattfinden. Einen Termin gab es aber erst fürs Folgejahr, und standesamtliche sowie freie Trauung an einem Tag, diesen Stress wollte Kristin nicht. So heiratete das Pärchen am 26. Mai 2017 in ganz kleiner Runde mit den zwei Kindern im Standesamt, und genau ein Jahr später mit großer Gesellschaft. Glück für Manuel, der sich trotz zwei Feiern an nur einen Hochzeitstag erinnern muss. Die detailverliebte Planung der großen Feier wurde – wie bei vielen Pärchen – zur Frauensache. Ein Jahr lang wurde alles vorbereitet. Tischarrangements aus Babygläschen, selbstgeschnittene Baumscheiben und handmade Rhabarberlikör, Raum- und Biergarten-Deko mit Papierballons und bunten Bändern, selbstgemachte Gastgeschenke und ein Basteltisch für die vielen Kinder, liebevoll gestaltete Tisch- und Menükarten, ein Sitzplan – an alles war gedacht. Die Dankesrede überließ Kristin dann aber doch ihrem Prinzen. Wenige Tage vor der Hochzeit brauchte es drei Bier und eine lange Nacht, bis er gegen zwei Uhr mit den Sternen und einer dreiseitigen Rede ins Bett ging.
Im beginnenden Jahrhundertsommer 2018 war es dann soweit: Manuel knatterte auf seinem Motorrad an die Obstwiese, die Kristin wenig später barfuß im Sommerbrautkleid betrat. Eine verträumte Deko tauchte Bäume und Obstwiese in ein dezentes Farbenmeer. Für die detailverliebte Deko bis hin zu Taschentüchern samt Banderole „Für Freudentränen“ hatte Kristin gesorgt. Kristins Wunsch war, dass jeder Gast einmal lacht und einmal weint. Hochzeitsrednerin Heike Hirmer fand die richtigen Worte, und beim Eheversprechen kamen sogar der kleinen Emma die Freudentränen. Nach der Trauung gab es unter der alten Eiche statt feinem Sektempfang Proseccodosen aus der Zinkwanne. Statt Kuchen gab es Marmeladen- und Schmalzstullen auf der Kahnfahrt durch den Hochwald, gefolgt von einer Vintage-Feier in der urigen Scheune, meist aber im Freien direkt am Fließ. Der Eröffnungstanz schloss den Kreis zum märchenhaften Antrag. Ein langsamer Walzer zur Melodie aus „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ trug die beiden ins Glück, umschwebt von hunderten Papier-Schmetterlingen.
„Es war ein Tag wie ein Märchen. Unser ‚Ja‘ unter Obstbäumen und der persönliche Stil haben ihn zum schönsten Tag in unserem Leben gemacht.“